Die Kritik der Bürger an der Freigabe einer Einbahnstraße für gegenläufige Nutzung durch Radfahrer muss ernst genommen werden – es darf nicht erst ein aktenkundiger Unfall passieren, sagt die FDP Fraktion Wandsbek im Rahmen der Antworten auf eine Kleine Anfrage. Auf die Gegenläufigkeit weist nur ein kleines Hinweisschild am Anfang der Einbahnstraße hin. (Bild: Wolff)
In einer Kleinen Anfrage hatte die FDP Wandsbek beim Bezirksamt erkundet, wieviele Einbahnstraßen im Bezirk Wandsbek in den zurückliegenden fünf Jahren für Radfahrer zur gegenläufigen Nutzung freigegeben worden sind. Laut Behörde für Inneres und Sport betrifft die Freigabe acht Einbahnstraßen (siehe Kasten). Die Frage stellte sich aufgrund von Rückmeldungen von Bürgern bei einer Online-Umfrage zum Projekt ‚autoarmes Volksdorf‘: „Uns hat total überrascht“, so Birgit Wolff, FDP-Fraktionsvorsitzende Wandsbek, „wieviele Bürger im Freifeld der Umfrage gegen die örtliche Einbahnstraßen-Freigabe protestiert haben, denn: Danach hatten wir gar nicht gefragt!“ Dabei kam die Kritik der Bürger, die auch den Begriff „Geisterradler“ entwickelten, von Umfrageteilnehmern in allen Altersgruppen (18 bis über 70 Jahre) mit Schwergewicht in den mittleren Altersklassen – und es handelt sich weit überwiegend um Bürger, die als Fortbewegungsmittel die Kombi „Fuß/Rad/Auto“ angegeben hatten. Es wurde deutlich, dass es für viele Bürger verwirrend ist und ein Risiko darstellt, wenn einem in der Einbahnstraße ein Fahrrad entgegenkommt. „Das geht aber nicht nur Autofahrern so, wie wir bei einer Ortsbesichtigung erlebt haben: Auch Fußgänger waren überrascht, die am Zebrastreifen nur in eine Richtung geschaut hatten“, so Wolff. Nicht nur Kritik, sondern auch einen Vorschlag haben einige der Bürger übermittelt: Wenn es eine verpflichtende Fahrspur für Radler gäbe, wäre das risikomindernd – zumal Radfahrer offenbar nicht immer am Rand, sondern bevorzugt in der Mitte der Straße fahren.
Evaluation gefordert
Wie die Behörde in der Antwort auf die Kleine Anfrage übermittelte, wurden bislang keine separaten Evaluationen solcher Gegenläufigkeits-Freigaben durchgeführt – eine Erhöhung der Unfallzahlen sei in den zurückliegenden fünf Jahren nicht erkennbar gewesen. „Die Freigabe der Gegenläufigkeit in Einbahnstraßen birgt offenbar ein erhebliches Irritationspotential und damit auch ein Risiko für Unfälle“, so Wolff von der FDP Fraktion Wandsbek, „dies gilt es zuerst einmal zu erkunden und im Falle entsprechender Ergebnisse zu respektieren.“ Es müsse nicht erst ein aktenkundiger Unfall passieren, ehe die Situation optimiert wird oder riskante Maßnahmen aufgegeben werden. Finn Ole Ritter, Initiator der Kleinen Anfrage und Sprecher der FDP-Fraktion im Regionalausschuss Walddörfer: „Wir müssen die Sorgen der Bürger vor Ort ernst nehmen und nicht politisch angeordnete Gefahrenpunkte – übrigens auch für die Radfahrer – an Einbahnstraßen schaffen!“
Ein weiterer Kritikpunkt: Der Freigabe-Hinweis ist lediglich mit einem kleinen, leicht zu übersehenden Zusatzschild am Anfang der Einbahnstraße montiert: Bürger, die zwischendrin die Straßenseite wechseln, bekommen von dieser Sonderregelung gar nichts mit. „Die Gegenläufigkeit entpuppt sich aus Bürgersicht als klares Risiko“, so Wolff, „angedachte Einbahnstraßen müssen deshalb auch hinsichtlich der Verunsicherung der Straßenverkehrsteilnehmer und damit ihres Gefährdungspotentials evaluiert werden – ehe etwas passiert, denn die Anzahl der Radnutzer steigt. Risiken gilt es zu minimieren, und zwar vor amtlich gemeldeten Unfällen!“
In den letzten fünf Jahren in Gegenläufigkeit für Radfahrer freigegebene Einbahnstraßen im Bezirk Wandsbek (Quelle: BIS):
– Claus-Ferck-Straße (PK 35 im Jahr 2016)
– Heckkoppel zwischen Berner Weg und Konrad-Reuter-Straße (PK 35 im Jahr 2019)
– Basaltweg (PK 35 im Jahr 2019)
– Große Horst (PK 35 im Jahr 2016)
– Maimoorweg zwischen Ellernreihe und Bramfelder Chaussee (PK 36 im Jahr 2015)
– Schreyerring (PK 36 im Jahr 2016)
– Puvogelstraße (PK 37 im Jahr 2016)
– Kielmannseggstraße (PK 37 im Jahr 2017)
In den übrigen Gebieten der örtlich zuständigen PK sind keine weiteren Einbahnstraßen in den Tempo-30-Zonen des Verwaltungsbereiches Wandsbek in Gegenläufigkeit für Radfahrer freigegeben worden. Alle Straßen, die die rechtlichen Kriterien dafür erfüllen, sind bereits vor dem Zeitraum der vergangenen fünf Jahre für den Radverkehr in Gegenrichtung geöffnet worden.
(PK = Polizeikommissariat)