Viele Bürger sehen zu Recht Unfallrisiken bei den e-Scootern, sagt die Landesverkehrsbehörde – aber auch die Fahrer selbst müssten besser geschützt werden, fordert die FDP-Fraktion Wandsbek. (Bild: FDP-Fraktion Wandsbek)
Was Professor Christian Alexander Kühne, Chefarzt der Abteilung Unfallchirurgie in der Eilbeker Schön Klinik in Hamburg, gerade in einem Zeitungsinterview*) berichtete, deckt sich mit den Ergebnissen eines Auskunftsersuchens (Drucksache 21-4831.1) der FDP-Fraktion Wandsbek zur Entwicklung bei e-Scooter-Unfällen in Hamburg: Die Unfälle sind besorgniserregend. Anlass für das Auskunftsersuchen waren zunehmend bei der Fraktion eingehende Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern über „riskante Stolperfallen“, aber auch über unangenehme Kollisionen mit den meist auf Bürgersteigen fahrenden schnellen Rollern; gefragt war die Verwaltung daher, wie sich die Unfallentwicklung in Hamburg darstellt.
Die Behörde für Inneres und Sport (BIS) stellt in der Antwort auf das genannte Auskunftsersuchen fest, dass die Anzahl der Verkehrsunfälle, bei denen e-Scooter Hauptverursacher waren, allein im Bezirk Wandsbek zwischen 2020 und 2021 um 321 % gestiegen sind, in realen Zahlen von 14 auf 59 Unfälle. Das sei darauf zurückzuführen, so die Verwaltung, dass die Anzahl der zur Leihe angebotenen e-Roller in dieser Zeit in Hamburg von 6.000 auf 17.000 Fahrzeuge angestiegen sei. Hinsichtlich der Frage, wer bei Personenunfällen am meisten geschädigt wurde, stehen die e-Scooter-Fahrer mit weitem Abstand selbst an erster Stelle (32 von den 59 Unfallgeschädigten), danach kommen mit 8 Fällen Fahrräder/Pedelecs, mit 6 Fällen Fußgänger und mit 2 Fällen das Krad. Wenn es um Sachschäden-Unfälle geht, sind ebenfalls an erster Stelle die e-Roller selbst und gleich dahinter an zweiter Position Schäden an PKW. Hingewiesen werden muss, so die FDP-Fraktion Wandsbek, darauf, dass diese Zahlen lediglich polizeilich erfasste Unfälle auflisten und nicht die tatsächliche Situation auf den Straßen widergespiegelt wird.
Dass viele Bürger die Situation als riskant einschätzen, erweist sich als berechtigt: Die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM) betont in ihrer Antwort auf das Auskunftsersuchen, dass sie „die Belastung für mobilitätseingeschränkte Personen durch auf dem Gehweg abgestellte e-Scooter – unabhängig davon, ob die freibleibende Gehwegbreite eingehalten wird – als hoch“ einschätzt. Genutzt würden die e-Roller vor allem im Innenstadtbereich, wie die BVM betont, und weniger für die „letzte Meile“, für die sie anfangs gedacht waren. Angesichts der Erwartungen bei der Einführung vor zwei Jahren müssen die e-Scooter „nach Auffassung der BVM ihren Platz in einer nachhaltigen Mobilitätskette erst noch finden.“
Das reiche nicht, sagt Daniel Valijani, Sprecher der FDP-Fraktion Wandsbek für Soziales, der das Auskunftsersuchen auf den Weg gebracht hat: „Es wird viel zu wenig dafür getan, einerseits die Nutzer selbst zu schützen, die die Fahranforderungen eindeutig unterschätzen. Und andererseits für die übrigen Verkehrsteilnehmer, die immer wieder in Konfliktsituationen mit den e-Rollern geraten.“ Untermauert wird seine Forderung durch eine Fall-Statistik, die Unfallchirurg Professor Kühne aus den Daten aus der Schön Klinik und der Asklepios-Klinik St. Georg erstellt hat. Kühne stellt fest, dass unter den gelisteten 145 e-Scooter-Unfallopfern allein dieser beiden Kliniken mehr als 40 % Kopfverletzungen hatten bis hin zu Schädel-Frakturen mit lebenslangen Folge-Schäden, er könne insofern nicht nachvollziehen, warum man ohne Helm auf einen e-Scooter steige. Seinen Erkenntnissen zufolge gab es bei neun von zehn Unfällen keine Fremdeinwirkung: Die Fahrer seien den Ansprüchen der Technik und den verkehrlichen Rahmenbedingungen nicht gewachsen gewesen. Es sei mit einer hohen Dunkelziffer hinter der amtlichen Statistik zu rechnen, da viele Verletzte fußläufig in die Notaufnahmen kämen.
Die FDP-Fraktion Wandsbek sieht sich hier in ihrem Appell bestätigt, dass die Unfallentwicklung zu mehr Unfallschutz führen müsse, Birgit Wolff, Vorsitzende der FDP-Fraktion Wandsbek: „Die Anbieterzahlen sind gestiegen, die Nutzerzahlen sind gestiegen – nur die Unfallschutzmaßnahmen nicht. Es wird Zeit für mehr Sicherheitsmaßnahmen – und für eine bessere statistische Erfassung. Den Empfehlungen von Professor Kühne, endlich offiziell ein Unfallregister zu führen und aus den Daten zu lernen, können wir uns nur anschließen.“