Ist die ärztliche Versorgung
in den Stadtrandgebieten noch gesichert?


30.04.2019

Rückblick auf eine Veranstaltung der FDP Kreis Alstertal-Walddörfer am Montag dieser Woche im Forum Alstertal. Die sehr sachkundigen Referenten: Dr. Volker Kriens, Pressesprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg, und FDP Gesundheitspolitiker Dr. Wieland Schinnenburg, MdB.

Die Frage des Abends ist statistisch mit "Ja" zu beantworten - gefühlt aber in vielen Wohnbereichen mit "eher nein" und, wie die anschließende Diskussion mit Blick auf die künftigen Entwicklungen ergab, auch mit "unsicher". Statististisch ist der Kreis Alstertal-Walddörfer überversorgt mit Ärzten - wobei sich alle Diskutanten einig waren, dass die Kalkulationsgrundlage einer Überprüfung bedarf. Ein Beispiel für den Unterschied von Theorie und Praxis: Hausärzte. Der Bezirk Wandsbek erfüllt 116% den Bedarf, in Wohldorf-Ohlstedt gibt es aber gar keinen und in Lehmsahl-Mellingstedt nur 2. In Poppenbüttel dagegen 27. Beispiel kinderärztliche Versorgung: Der Bezirk ist mit 126 % überversorgt. In Wohldorf-Ohlstedt und in Hummelsbüttel gibt es aber gar keinen Kinderarzt, in Duvenstedt nur einen, ebenso Lehmsahl-Mellingstedt, in Bergstedt und in Sasel. Aber 8 in Poppenbüttel. Das AEZ ist insofern das medizinische Zentrum des Kreises.

Wie kommt nun ein Kinderarzt nach Hummelsbüttel? Nicht, weil die Bürger einen brauchen - denn die Kassenärztliche Vereinigung kann nicht einfach Ärzte "hinsetzen" oder "hinschieben", denn es gibt eine gesetzliche Bedarfsplanung, die auf den oben genannten Grundlagen fußt. Nur wenn es eine gravierende Veränderung an einem Standort gibt, beispielsweise erheblicher Zuwachs an Bevölkerung, kann eine Sonderzulassung (nach ausführlicher Prüfung...) erfolgen. Ansonsten geht der Gesetzgeber davon aus, dass eine gewisse Wegstrecke zumutbar ist. Die wird dann auch gerne in "Luftlinie" gemessen…

Zukunft: Viele Ärzte sind in höherem Alter und der Nachwuchs für eine Praxisübernahme ist nicht wirklich stabil gesichert; viele junge Ärzte wollen angestellt und "versorgt" arbeiten - damit fehlen diejenigen, die eine selbständige Praxis (ein Unternehmen) führen wollen. Dr. Schinnenburg machte eindrücklich deutlich, dass hier politisch gegengearbeitet werden muss, was die FDP nicht zuletzt im Bundestag ausführlich und immer wieder zum Thema macht: weniger Bürokratie. Niederlassungsfreiheit und vor allem: die Budgetierung muss weg. Letzteres bedeutet: Genau weiß ein Arzt erst vier Jahre später, wieviel Geld er für eine Behandlung von der Krankenkasse (über die Kassenärztliche Vereinigung) erhält, und nur rund 80 % all seiner Behandlungen werden überhaupt bezahlt. Gute Frage: Bei welchem Bäcker kann man Brot kaufen und sagen, in ein paar Monaten komme ich wieder und kann Dir dann sagen, was ich Dir für das Brot bezahlen werde?

Es gab eine entsprechend spannende und lebendige Diskussion. Großes Danke an Dr. Kriens und Dr. Schinnenburg für die ehrlichen und spannenden Lageberichte!

Gastgeber: FDP-Kreisverband Alstertal-Walddörfer
Begrüßung: Frank Mario Stussig, Kreisvorsitzender
Moderation und Leitung: Birgit Wolff, Medizinjournalistin, FDP-Spitzenkandidatin für die Wahlen zur Bezirksversammlung 

V.l.n.r.: Dr. Wieland Schinnenburg, MdB, Birgit Wolff, Dr. Volker Kriens, Frank Mario Stussig